Wenn Wohnen und Arbeiten räumlich zusammenfallen, fällt es schwer, beides noch zu trennen. Wie Redakteurin Christina Metallinos es schafft, erzählt sie im Interview.
Stories posten, ständig up to date bleiben und die Augen nach neuen Themen offen halten: Christina Metallinos ist Redakteurin für das junge Instagram-Format News-WG. Dort recherchiert sie Themen, schreibt Skripte, nimmt Beiträge ab und koordiniert das Geschehen vor der Kamera.
Mittels Stories erklären Christina und ihre Kolleg*innen Nachrichten und Politik auf anschauliche und verständliche Weise, sodass Zuschauer*innen mitdiskutieren können. Zwischendurch auch mal offline gehen und abschalten – dafür muss sich Christina aktiv Zeit einräumen. Wie sie es schafft, ihre Work-Life-Balance zu managen und in der Nachrichtenflut nicht unterzugehen, erzählt sie uns im Interview.
Euer Format nennt sich News-WG. Wer von euch wohnt eigentlich dort?
Die meisten definieren Wohnen ja komischerweise übers Schlafen. Aber wir schieben wirklich oft als Redaktion gemeinsam sehr lange Tage dort, auch mal Zwölf-Stunden-Tage. Wir bleiben Freitagabend gerne noch als Team zusammen, bestellen uns eine Pizza, trinken ein Bier, dann artet es aus, und wir machen eine gemeinsame WG-Party – und für mich gehört das alles auch irgendwie zum Wohnen und zum Leben. Manche haben auch ihre Jogginghose dort dauerhaft geparkt. Die Hosts schlafen schon immer wieder in der WG. Aber jeder hat auch seinen eigenen privaten Rückzugsort, weil die Wohnung auch gleichzeitig unsere Redaktion ist.
Wenn ihr zusammen in so einer wohnlichen Atmosphäre arbeitet, wie trennst du Wohnen und Arbeiten dann überhaupt noch?
Das ist, glaube ich, eine ganz große Herausforderung für freie Journalist*innen. Ich bin Freelancerin und arbeite sowieso viel von zu Hause aus. Eine räumliche Trennung hilft sicher, aber die muss im Kopf anfangen. Man muss klare Grenzen ziehen, auch klare Erreichbarkeiten kommunizieren und sich dann auch mal zusammenreißen. Wenn man zum Beispiel Sonntagabend noch eine Präsentation macht und eine Rückfrage hat, dann finde ich, muss man auch so respektvoll den Kollegen gegenüber sein und deren Sonntag genauso respektieren.
Eine Menge deiner Arbeit findet also auch über das Handy statt. Nutzt du dafür ein Diensthandy, um das zu trennen?
Mein Handy ist mein Handy, und ich finde es auch schwierig, zwischen Diensthandy und Privathandy zu trennen. Ich arbeite ja auch im Schichtdienst, auch in anderen Redaktionen, und wenn ich jetzt ein Privat- und ein Diensthandy hätte, dann ich das Diensthandy, wenn ich nicht in der Schicht bin, eigentlich ausschalten. Wenn ich aber einspringen muss, müsste man trotzdem auf dem privaten Handy anrufen. Und dann wäre es wieder so, dass ich im Urlaub von der Arbeit aus angerufen werden kann.
Also musst du dich mit deinem eigenen Handy disziplinieren.
Genau! Ich finde, es ist total wichtig, sich direkt zu disziplinieren. Ich bin der absolute Nachrichtenjunkie. Ich schaue mir abends zu Hause freiwillig zuerst das heute journal und dann die tagesthemen an. Ich mag Nachrichten ungemein. Aber ich gönne mir dafür dann auch, wenn ich im Urlaub bin, dass ich es mir ein paar Tage nicht so hart gebe. Denn wenn ich ganz ehrlich bin, ändern tut es nichts, und dann erfahre ich es halt einen Tag später, wenn ich wieder den Kopf dafür habe.
Kannst du dir überhaupt noch Nachrichten anschauen, ohne an die Arbeit zu denken?
Nein. Ich glaube, Journalismus ist am Ende des Tages ein Handwerk. Ich habe auch mal meinen Frisör gefragt, ob der zuerst die Haare abcheckt, wenn er jemanden kennenlernt, und der meinte auch: Ja, klar, ein scannender Blick ist da schon immer, aber dann ist es auch wieder gut. Und ich glaube, so muss man das auch vergleichen.
Was tust du denn, wenn du dich mal richtig entspannen willst?
Mir hilft es wahnsinnig, diese Stadt zu verlassen. München ist meine Heimatstadt, ich liebe München sehr. Aber mal rauszufahren, das hilft. Da sind wir wieder beim Punkt mit dem Einspringen: Natürlich will man den Kollegen helfen. Aber ich finde, es hilft wahnsinnig, sich zu disziplinieren und da auch eine räumliche Trennung zu schaffen. Mir hilft das ungemein, mir Inseln zu schaffen. Das können auch kleine Inseln im Alltag sein. Man ist beim Sport, und das Handy ist halt im Spind. Und ich glaube, das ist wahnsinnig wichtig, dass man gerade am Anfang da auch nicht zu viel Gas gibt und auch nicht immer erreichbar ist. Ich glaube, so schafft man es, wenn man dann da ist, auch 100 Prozent und mehr zu geben.
Du bist für deine Arbeit ständig auf Instagram. Hast du dann auch noch einen privaten Account? Und wenn ja, wie nutzt du den?
Ich habe einen privaten Account. Und natürlich bin ich, seit ich die News-WG mache … ich will jetzt nicht sagen: gelähmt. Aber es geht in die Richtung. Weil ich mir jetzt natürlich viel mehr Gedanken darüber mache, wie ich einen Post schreibe oder wie ich eine Story mache. Und seit ich Journalismus auf Instagram mache, kommt mir vieles aus meinem eigenen Leben fast schon zu banal vor, um es dort zu teilen. Was natürlich totaler Quatsch ist, weil ich weiß, Instagram ist insgesamt immer noch eher ein Lifestyle-orientiertes Format mit Urlaubsbildern, Essen und Fashion. Und manchmal ertappe ich mich schon dabei, dass ich gerne mal wieder so unbeschwert instagrammen würde wie noch vor paar Jahren. Das fällt mir ein bisschen schwer.
Insgesamt: Würdest du sagen, du hast eine ausgewogene Work-Life-Balance?
Für mich ist meine Work-Life-Balance sehr okay. Für Dritte, die von außen draufschauen, vielleicht nicht. Aber für mich ist sie sehr okay.